Was sind Fertigungsgemeinkosten und wie kalkulieren Sie sie?
Die Fertigungsgemeinkosten setzen sich aus indirekten Kosten der Herstellung von Produkten zusammen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil der Produktionsbuchhaltung und sollten als solcher einer der Schlüsselfaktoren zur Bestimmung Ihrer Produktpreise sein.
Was sind Fertigungsgemeinkosten?
Die Fertigungsgemeinkosten sind indirekte Kosten, die sich nicht direkt auf die Herstellung von Produkten zurückführen lassen wie Kosten für Material und Arbeit. Vielmehr fallen Gemeinkosten für Hilfsgüter und -dienstleistungen an, die den Produktionsprozess unterstützen, wie beispielsweise Einrichtungsmiete, Nebenkosten, Gehälter von nicht-Produktionsmitarbeitern usw.
Als solche werden Fertigungsgemeinkosten den in einem Zeitraum produzierten Einheiten zugewiesen und sollten demnach auch beim Bestand an halbfertigen Erzeugnissen, Bestand an fertigen Erzeugnissen und den Selbstkosten inbegriffen sein, um die Bilanz genau und das Unternehmen bei guter finanzieller Gesundheit zu halten.
Die Fertigungsgemeinkosten sollten auch ein Schlüsselfaktor bei der Bestimmung des Verkaufspreises Ihrer Produkte sein.
Arten an Fertigungsgemeinkosten
Die Fertigungsgemeinkosten umfassen alle Kosten, die indirekt mit dem Produktionsprozess zusammenhängen. Diese Kosten lassen sich weiter in fünf Unterkategorien aufgliedern: indirekte Arbeit, indirekte Materialien, Miete und Nebenkosten, Abschreibung und finanzielle Aufwendungen.
Indirekte Arbeit
Indirekte Arbeitskosten bestehen aus den Gehältern von Mitarbeitern, die in der Fertigung zwar tätig sind, aber nicht direkt mit der Produktherstellung zu tun haben. Zu ihnen zählen unter anderem:
- Experten für die Qualitätskontrolle
- Produktionsbetreuer
- Produktionsbetreuer
- Produktionsplaner
- Wartungsarbeiter
- Sicherheitsmitarbeiter
- Hausmeister
Um die indirekten Arbeitskosten zu kalkulieren, werden sämtliche Aufwendungen, die mit den Gehältern dieser Mitarbeiter zusammenhängen, aufaddiert.
Indirekte Materialien, Vorräte und Reparaturteile
Indirekte Materialien sind Verbrauchsgüter, die in der Produktion eingesetzt werden, aber nicht Teil der Stückliste eines Produkts sind – entweder weil sei nicht direkt bei der Fertigung der Produkte eingesetzt oder nur sporadisch und in Kleinstmengen pro Produkt gebraucht werden. Zu diesen Materialien zählen beispielsweise:
- Schmierstoffe
- Klebstoffe
- Einpassungen und Verschlüsse
- Einmal-Schutzausrüstung
- Reinigungsmaterialien
- Glühbirnen
- Klebeband
- Vorräte, Werkzeug und Reparaturteile für Maschinen
Diese Artikel können entscheidend für die Produktion sein, gelten jedoch nicht als Teile von bestimmten Produkten. Aus diesem Grund sollten sie als indirekte Materialien verbucht werden.
Miete und Nebenkosten
Einrichtungsmiete und Nebenkosten für Heizung, Strom und Wasser zählen ebenfalls zu den Fertigungsgemeinkosten. Während die Miete das Jahr über in der Regel konstant bleibt, können Nebenkosten je nach Marktpreis oder Verbrauch schwanken. Aus diesem Grund sind Mieten fixe und Nebenkosten variable Gemeinkosten.
Abschreibung
Alles, das benutzt wird, kann allmählich seinen Wert verlieren – Produktionseinrichtungen und -maschinen sind hierbei keine Ausnahme. Abschreibungskosten werden demnach verwendet, um den natürlichen Wertverlust des Anlagevermögens eines Unternehmens zu berücksichtigen, zum Beispiel für:
- Fabrikgebäude
- Möbel und Inventar
- Computerausstattung
- Maschinen
- Fahrzeuge
Die Abschreibung kann linear kalkuliert werden: Sie nehmen die Anfangskosten eines Anlageguts und ziehen seinen Wert am Ende seiner Lebensdauer ab (den Restwert). Das Ergebnis ist der Gesamtbetrag, der sich abschreiben lässt. Anschließend teilen Sie diesen Abschreibungsbetrag durch die erwartete Lebensdauer des Anlageguts, um seine jährliche Abschreibung zu erhalten.
Finanzielle Aufwendungen
Finanzielle Aufwendungen, die zu den Fertigungsgemeinkosten zählen, setzen sich aus Grundsteuern, Audit- und Rechtsgebühren sowie Versicherungskosten zusammen, die für den Produktionsbereich gelten.
Fixe Gemeinkosten und variable Fertigungsgemeinkosten
Die oben erwähnten Gemeinkostenarten lassen sich weiter in zwei Kategorien aufteilen: fixe und variable Gemeinkosten.
Der Hauptunterschied zwischen fixen und variablen Gemeinkosten ist, dass variable Gemeinkosten vom Produktionsvolumen abhängen, während fixe Gemeinkosten immer gleich hoch sind. Wenn beispielsweise eine neue Arbeitsschicht hinzugefügt wird, erhöhen sich die variablen Gemeinkosten, während die fixen Gemeinkosten unberührt bleiben.
Zu den fixen Gemeinkosten zählen:
- Grundsteuer und Versicherung
- Gebäudemiete
- Abschreibung
- Gehälter für indirekte Arbeit
Zu den variablen Gemeinkosten zählen:
- Indirekte Arbeitsüberstunden
- Indirekte Materialien
- Nebenkosten wie Strom, Heizung und Wasser
Geschätzte Gemeinkosten, Gemeinkostenzuschläge und tatsächliche Gemeinkosten
Es gibt drei Wege, auf die Gemeinkosten zugeteilt werden können, die alle einen bestimmten Prozess und Zweck haben: geschätzte Gemeinkosten, Gemeinkostenzuschläge und tatsächliche Gemeinkosten.
Die geschätzten Gemeinkosten werden vor Beginn des Buchhaltungsjahres festgelegt, um das kommende Jahr zu budgetieren und zu planen. Sie werden fundiert geschätzt, basierend auf den tatsächlichen Gemeinkosten des Vorjahres.
Gemeinkostenzuschläge sind Gemeinkosten, die auf einzelne Produkte während eines Abrechnungszeitraums aufgeschlagen werden. Dieser vorher festgelegte Gemeinkostensatz wird häufig mit indirekter Arbeit als Grundlage kalkuliert. In hochautomatisierten Umgebungen werden Maschinenkosten herangezogen.
Vorher festgelegte Gemeinkosten lassen Unternehmen ihre Auftragskosten schnell und präzise schätzen, indem Gemeinkosten neben direkten Material- und Arbeitskosten sofort zugewiesen werden können.
Am Ende des Abrechnungszeitraums wird jedoch so gut wie immer ein Unterschied zwischen den Gemeinkostenzuschlägen und den tatsächlichen Gemeinkosten bestehen. Die tatsächlichen Gemeinkosten werden dann mit den Gemeinkostenzuschlägen abgestimmt, um sicherzustellen, dass in der Bilanz die richtigen Zahlen ausgewiesen werden.
Lesen Sie mehr über Gemeinkostenzuschläge und tatsächliche Gemeinkosten
Beispiel
1. Direkte Arbeitskosten pro Einheit
Angenommen, Ihr Personal wendet insgesamt 8000 Stunden auf, um 2000 kundenindividuelle Fahrräder pro Jahr zu produzieren. Das bedeutet, die Arbeitsstunden pro Einheit sind 8000/2000 = 4 Stunden/Einheit.
2. Fertigungsgemeinkosten pro Einheit
Nehmen wir weiter an, dass Ihre Aufzeichnungen vom letzten Jahr aufzeigen, dass die Gemeinkosten Ihrer Fabrik 120.000€ betrugen. Das bedeutet, die Gemeinkosten pro Arbeitsstunde lagen bei 120.000/8000 = 15€/Std.
Da die Produktion eines Fahrrads 4 Stunden dauert, betragen die Gemeinkosten pro Einheit 15×4 = 60€/Einheit.
Dieser Gemeinkostenzuschlag kann jetzt für die Auftragskalkulation und die Kalkulation der geschätzten Fertigungsgemeinkosten für nächstes Jahr verwendet werden.
3. Geschätzte Fertigungsgemeinkosten
Als Teil des Budgetierungs- und Planungsprozesses können Manager Nachfrageprognosen und den Gemeinkostenzuschlag heranziehen, um die Gemeinkosten für das kommende Jahr grob zu kalkulieren. Nehmen wir an, dass Sie für nächstes Jahr planen, 2.500 Fahrräder zu verkaufen. Die geschätzten Fertigungsgemeinkosten betragen demnach 2500 x 60 = 150.000€
Alternativ und um die Dinge etwas komplexer (und realistischer) zu machen, können wir 40.000€ als variable Gemeinkosten sehen, sprich 40.000/2000 = 20€/Einheit, bei einem 1-zu-1-Verhältnis mit der Anzahl an produzierten Fahrrädern. Die verbleibenden 80.000€ sind fixe Gemeinkosten.
In diesem Fall betragen die gesamten erwarteten Gemeinkosten für nächstes Jahr 2500 x 20 + 80.000 = 130.000€
Somit fallen 130.000/2500 = 52€/Einheit an und damit 13% weniger im Vergleich zu den 60€ des Vorjahres.
Die wichtigsten Schlüsselpunkte
- Die Fertigungsgemeinkosten sind indirekte Kosten, die sich nicht direkt auf die Herstellung von Produkten zurückverfolgen lassen.
- Gemeinkosten fallen für Hilfsgüter und -dienstleistungen an, die den Produktionsprozess unterstützen, wie etwa Einrichtungsmiete, Nebenkosten, Gehälter von nicht-Produktionsmitarbeitern usw.
- Die Fertigungsgemeinkosten lassen sich in fünf unterschiedliche Gruppen unterteilen: indirekte Arbeit; indirekte Materialien, Vorräte und Reparaturteile; Miete und Nebenkosten; Abschreibung; finanzielle Aufwendungen.
- Diese Gemeinkostenarten lassen sich weiter in zwei Kategorien aufgliedern: fixe und variable Gemeinkosten. Während variable Gemeinkosten mit höherem Produktionsoutput steigen, bleiben fixe Gemeinkosten konstant.
- Es gibt drei Wege, Fertigungsgemeinkosten zuzuweisen: geschätzte Gemeinkosten, Gemeinkostenzuschläge und tatsächliche Gemeinkosten.
- Geschätzte Gemeinkosten sind eine fundierte Schätzung basierend auf historischen Daten, um Budget und Plan für den nächsten Zeitraum zu bestimmen.
- Gemeinkostenzuschläge beziehen sich auf Gemeinkosten, die auf einzelne Produkte umgeschlagen werden. Auch sie werden anhand historischer Daten kalkuliert und beispielsweise für die Auftragskostenrechnung verwendet.
- Tatsächliche Gemeinkosten sind die wirklichen Gemeinkosten am Ende des Abrechnungszeitraums. Sie werden dann mit den Gemeinkostenzuschlägen verglichen, um die Zahlen der Bilanz abzustimmen.
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